Alltagsleben - Land und Leute
Hopfa zopfla Stiel draa lau
Wers et kaa solls bleiba lau
Um 1900 ist Jesingen mit dem Hopfenanbau zu Wohlstand gekommen. 50 Jahre früher hatte die Gemeinde im Hembach beim Diebsteig mit 1200 Pflanzen an den Hopfenstangen begonnen. Die Dolden trocknete man auf Dachböden im Rathaus, in den Keltern und sogar unterm Kirchendach. Während der Gottesdienste lag immer ein "Hopfengschmäckle" in der Luft.
Niemand weiß genau, wie viele hundert Mal die Feuerwehrleute vor dem Rathaus in Anzug und Mütze anzutreten hatten. In der Regel sonntags nicht zu früh, weil vorher der Viehstall versorgt werden musste. Aber auch nicht zu spät, da der Herr Pfarrer vor dem Zusammenläuten die Beendigung der Übung erwartete.
Nur etwa fünf Wägen wurden von Pferden gezogen, über 100 von Kühen und Ochsen. Erste Traktoren gab es erst Anfang der 50er.
Vor dem 2. Weltkrieg hatten die Hänge wenige Lücken. Niemand hat einen Besen sondern den Busch raus getan. Auch sagte niemand, er sei ein Winzer. Nein sie waren seit Jahrhunderten Wengerter.
Weingärten ob den Mickhütten heißt es in den alten Schriften. Ein Mick ist ein Leibeigener oder Untertan gewesen. In der arbeitslosen Zeit der 20er Jahre wurde der Mickhütte- Weg vom freiwilligen Arbeitsdienst gebaut und erst 1965 befestigt, nach dem großen Unwetter mit über 1 Million Schaden.
"Em Zwerchgraba" sehen wir im Vordergrund Frau Mönch und ihre Tochter Erika. Der Nachfolger Herr Bayler verkaufte den ehemaligen Lammwirts-Wengert an die Familie Mönch. Ganz oben im Bayler pflanzte man Ruländer und Traminer an. Die Leute sagten: "Der Muster-Weinberg". Im Zwerchgraben unterhalb der Mauern wurde Jahrhunderte lang das Gewitterwasser überzwerch zur "Furch" (Weinbergstaffel) geleitet und verhinderte so das Ausschwemmen des guten Bodens.
Die vielen Mauern stammen von oben, vom Stubensandstein. Der alte Lehrer Rall (Jahrgang 1881) sagte oft: "Das größte Denkmal von Unterjesingen sind die Wengertmauern zwischen Hembach und Rosecker Tal".
Steinbrüche gab es hauptsächlich oben im Stubensandstein. Noch zu Beginn des 20.Jahrhunderts war der "Wägnerkapf" einer davon. Zum Bau des alten Schulhauses anno 1778 wurden mehr als 60 Wagen Steine im Südwesten des Roecker Waldes "Häsel-Loh" geholt. Mehrfach liest man in alten Schriften, es sei verboten im "Schwalbennest" Steine zu holen. Das war oberhalb des Wasserbehälters in der Weinsteige im "Mayerle". Es spricht vieles dafür, dass dort einst das befestigte Gebäude des "Mayers" stand. Später wurden die Steine dieser Ruine abgetragen.
In der Scheuer der Maria Mühleisen, geb. Röcker ist Anfang der 30er die "Molke" eingerichtet worden. Der sich an dieser Stelle befindliche "untere Brunnen" mit 2 Pumpen musste bereits 1928 weichen.
Molke und der Lebensmittelladen schlossen am 9.Juli 1975 und wichen nach über 40 Jahren dem Straßenbau (Ausbau B28 und Einmündung Rottenburger Straße). Bis dahin konnten die einheimischen Landwirte hier die Milch abliefern, die Einheimischen in der "Nachrichtenbörse", so nannte Pfarrer Kästner die Molke, Frischmilch kaufen und Neuigkeiten austauschen. Von einst über 100 Milchanlieferungen sind zum Schluss noch 21 übriggeblieben. Esther Schnaidt, 17 Jahre die Rechnerin der Genossenschaft und Betreiberin des angrenzenden Ladens, notierte im letzten Monat 31.854 Kilogramm Rohmilch. Direkt verkauft wurden 3.000 Liter für je 80 Pfennige.
Im Jahre 1901 baute die Gemeinde zwischen Rathaus und dem "Fleckaschuierle" den Farrenstall und übernahm die Bullenhaltung in Eigenregie.
Es geht vorbei an der alten Mauer Ortsmitte. Oben das so dringend benötigte Brennholz vor der Ruine. Dem meisten dieser Kinder nahm der Krieg den Vater.
Zwischen der alten und neuen Ammer ackert Helmut Ambacher auf den Mühlwiesen. Vermutlich gehörten sie im 14. Jahrhundert zu einer Mühle draußen im unteren Gengental.
Die Begradigung der alten Ammer erfolgte 1948. Fünf Jahre später schenkte Spiegelfabrikant Baya der Gemeinde "Pappelbäumle", die sogleich von Frohnmeister Gottlob Schnaidt eingepflanzt wurden. Das Nordufer war in früheren Jahrhunderten viel höher als das Südliche. Dieser Wall schützte die Kappel- und Mühlwiesen vor dem gefürchteten Hochwasser. In sehr trockenen Sommern bewässerte man die Südseite durch Aufschwellen der Ammer.
Demnächst mehr.
Ihr dürft gerne mit Bildern und Geschichten dazu beitragen.